Forschungsprojekt
Histories on the Move: The Nationalisation of Global Art

Forschungsprojekt
Dr. Mechtild Widrich
 

Dieses Forschungsprojekt wird im Rahmen meiner Anstellung (ab 1.10. 2013) als Postdoctoral Fellow im Modul "Cities on the Move" des Nationalen Forschungsschwerpunktes Bildkritik (Eikones), Universität Basel, durchgeführt und beschäftigt sich dem gegenwärtigen Zusammenhang zwischen nationalpolitischer Selbstrepräsentation, Verweigerung von Nationsbildern und deren Rekonstruktion im Rahmen des prognostizierten Zerfalls nationaler Agenden durch die Globalisierung.

Drei Nationalgalerien moderner und aktueller Kunst in kontrastierenden aber komplementären geographischen und zeitlichen Kontexten sind meine Fixpunkte für sich immer wieder neu konstruierende Kunstgeographien, die weit über die einzelnen Gebäude und ihre Bespielung und Benutzung hinaus reichen: von den urbanistischen Schatten dieser Institutionen zu Kunst im öffentlichen Raum bis zu basispolitischen Gegenbewegungen und der (von allen Seiten) betriebenen Konstruktion von Stadtbildern und von Geschichte.

Die National Gallery, Washington DC (1941/78), das Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst Bukarest (2004), und die Nationalgalerie Singapur (2015) stehen für drei Momente und Orte der Globalisierung: Kulturliberale Weltmacht im Kalten Krieg, postkommunistische Identitätskonstruktion an der Schnittstelle Osteuropa-Welt, und postkoloniale südostasiatische Handelsmacht. Die formale Konvergenz der drei Kunsträume besteht in der Anlehnung an oder Umnutzung von klassizistischer, für die jeweilige nationale Geschichte bedeutsame, Monumentalarchitektur unter Einsatz von neo-modernistischem Glas. Dessen angebliche formale Transparenz bzw. Neutralität, die zum Standardrepertoire einer globalisierten Firmenarchitektur gehört, wird zur Rahmung, Abgrenzung, oder Bewahrung der historischen Struktur, aber auch zur Oberfläche, an der in der Gegenwart ein neues Bild der Geschichte konstruiert wird.
Offizielle und inoffizielle Stadtentwürfe verzahnen sich zu dissonanten Stadtbildern und individuellen wie kollektiven Wunschbildern, welche Selbstbild und erhofftes Fremdbild, touristische Attraktion, ökonomischen Motor und die oft diffusen und schwer zu fassenden Agenden diverser Öffentlichkeiten miteinander verschränken.

Ich beabsichtige keine Geschichte der Nationalgalerien, sondern eine theoretische Abhandlung, welche von konkreten Räumen und Aktionen ihren Ausgang nimmt und offizielle wie alternative Stadtrepräsentanz als performatives Zusammenspiel zwischen Objekten und Handlungen in ihrer zeitlichen Schichtung und im globalen Kontext untersucht.